Montag, 26. Mai 2025

Matera

 20.5.2025 - 22.5.2025

Von Alex

Nun verließen wir die Adriaküste Richtung Westen. Als Zwischenstopp hatten wir auf Empfehlung  unseres Reiseführers „Italien“ von Lonely Planet den Felsenort Matera ausgewählte. Die Fahrt dorthin sollte laut Routenplaner 2,5 Stunden dauern. Tatsächlich benötigten wir insgesamt mehr als 5 Stunden! Um es mit einem Wort zu beschreiben: katastrophal. Die Straßen waren schlechter als in Nepal und streckenweise war ich mir ziemlich sicher, dass unser Geschirr nicht überleben würde. Dann war ohne Vorankündigung oder Umleitungsempfehlung eine für uns wichtige Verbindungsstraße in den Westen gesperrt. Nach einer Stunde Umwege und diversen Flüchen fanden wir dann endlich eine Strecke die uns nach Matera führen würde, die sich dann auch in einem ganz passablen Zustand befand und uns recht schnell vorankommen ließ.

Matera

 

Kurz vor Matera befand sich der von uns ausgesuchte kleine Campingplatz und Axel zwiebelte unser 7 Meter WoMo auf einen recht kurzen Stellplatz. Nun waren wir beide ziemlich geschafft, mussten aber dennoch unsere noch in Vieste erworbenen Vorräte verkochen-es gab eine leicht abgewandelte Form unseres Curryhühnchens, denn z.B. ist Creme Fraiche, eine notwendige Zutat, in Italien nur selten zu finden. Es schmeckte dennoch sehr gut und ich freute mich schon auf meine geliebte Schlafkoje. Doch was dann geschah sagt man am besten mit den Worten von Wilhelm Busch, die Axel irgendwann mal auswendig gelernt hat:

 

Und die Alex voller Grausen,

sieht man aus dem Bette sausen.

Da: schon wieder hat sie einen[1],

im Genick und an den Beinen.

Vorne, hinten, runterherum,

kriecht es, fliegt es mit Gebrumm.

Und die Alex in ihrer Not,

haut und trampelt alles tot.

Guckste wohl – nun ist’s vorbei,

mit der Käferkrabbelei.

 

So gegen 0:30 Uhr war der Spuk dann tatsächlich vorbei und die Käferplage beseitigt, sodass einer ruhigen Nacht nichts mehr im Wege stand.


 

Felsenkirche in Matera

Am nächsten Tag nahmen wir um 9:30 Uhr den vom Campingplatz bereitgestellten Shuttle-Bus in die Stadt und staunten nicht schlecht als wir die erste „Sassi“ in Augenschein nahmen.

Matera, die Felsenstadt in der Region Basilikata, ist vermutlich die drittälteste Ansiedlung der Welt. Die natürlichen Tuffsteinhöhlen, die man noch heute in den Felswänden bewundern kann, zogen vermutlich schon vor 7000 Jahren die ersten Bewohner an. Später entstanden dann ganze Höhlenansiedlungen mit einer Art Infrastruktur. Hier nennt man diese „Sassi“. 

So haben die Menschen gewohnt in den
Sassi von Matera

 

Die Altstadt von Matera besteht aus zwei Sassi: Sasso Barisano und Sasso Caveoso. Beide sind durch einen Felsenkamm, auf dem der Dom thront, voneinander getrennt. Hier gibt es unendlich viele Treppenstufen und verwinkelte Gassen und man kann an verschiedenen Stellen die alten Wohnhöhlen besichtigen, in denen z.T. noch 1950 die armen Leute von Matera wohnten. Einer dieser Wohnhöhlen wurde auch von uns für 3€ Eintritt besichtig, die „Antica Casa Grotta“. In deutscher Sprache wurden wir darüber aufgeklärt, dass in diesen finsteren, kalten und feuchten Höhlen, meist nur mit einer Tür und evt. einem kleinen Fenster nach vorne raus, durch das etwas Licht in die Höhlen fiel, die Großfamilien jeden Tag schier ums Überleben kämpften. 

Häusermeer von Matera

 

Es gab in diesen Sassi keinerlei Kanalisation oder Trinkwasser. Die Menschen sammelten Regenwasser in alten Zisternen, das, obwohl zum Trinken völlig unbrauchbar, genau dafür genutzt wurde. Abwässer aller Art nahmen die Gassen auf. Die Einrichtung war äußerst spärlich und da es keinen anderen Platz gab und um im Winter etwas Wärme zu bekommen, hausten auch alle Tiere mit in diesen Wohnhöhlen, die meist nur aus einem größeren Raum, in dem gekocht, geschlafen und gegessen wurde, einer Nische mit Nachttopf, einem Raum für die Tiere und ggf. einem weiteren kleinen Schlafraum bestand. Nun, es braucht nicht viel Phantasie um zu verstehen, dass diese Menschen nicht sehr alt wurden, zumal Ärzte und Medikamente nur für die reicheren Bevölkerungsschichten zur Verfügung standen. 

Domberg in Matera

 

Dermaßen beeindruckt setzten wir unseren Weg durch die Gassen Richtung Felsenkirche und Dom fort, um dann erstmal eine Mittagspause einzulegen. In einem sehr netten Restaurant gegenüber dem Convento di Sant‘Agostino verputzten wir hausgemachte Ravioli mit Trüffeln (unendlich lecker) und hausgemachte Spaghetti mit Wels und dazu kühles Bier. Als Vorspeise probierten wir außerdem eine Spezialität der Region: Peperoni Cruschi. 

Peperoni Cruschi

 

Es handelt sich um intensiv rote Paprika mit einem süßlichen Geschmack, die sich wunderbar zum Trocknen eignen und dann beim Essen wie Paprikachips knistern. 

In der Palombaro Lungo Zisterne

Da es an diesem Tag schon recht heiß war steuerten wir als Nächstes das unterirdische Wasserreservoir der Stadt „Palombaro Lungo“ an. Hierbei handelt sich um eine künstliche unterirdische Zisterne, die 16 Meter tief, 50 Meter lang ist und ca. 5 Millionen Liter Quellwasser fasst. Mit ihrem Bau wurde bereits im 16. Jhr. begonnen. Da für ihren Bau bereits bestehende Hohlräume wie Keller oder Schneehäuser genutzt wurden, ist diese Zisterne nicht symmetrisch, sondern sehr verwinkelt. Über eiserne Stege und Treppen gelangt man in den Untergrund, und da ein Teil des Wassers abgelassen wurde, kann man sehr gut die Ausmaße des Wasserreservoirs erkennen. Die Wände sind mit Cocciopesto verputzt, einem speziellen wasserfesten Putz auf Terrakottabasis - also ausnahmsweise mal nichts zum Essen! Wir genossen die kühle Umgebung sehr und machten uns danach einigermaßen müde, aber fasziniert von dieser Stadt, auf den Weg zum Treffpunkt unseres Busses, der uns am späten Nachmittag wieder zum Campingplatz brachte.



[1] Es geht um kleine schwarze Käfer, die hier kreuchen und fleuchen und von denen ca. ein halbes Dutzend den Weg in unser Wohnmobil gefunden hatten.

 

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